Keine KI ohne emotionale Intelligenz

Bild: Pixabay

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EY und Microsoft veröffentlichen die Ergebnisse einer Studie zum Stand der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz bei Unternehmen in 15 Europäischen Ländern. Befragt wurden Mitglieder von Geschäftsleitungen sowie Vertreter des Top- und Middle Management.

Die Studie zeigt, KI ist bei mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen Gegenstand der Planung und des Testens, wird jedoch erst in wenigen Fällen angewendet. Schweizer Unternehmen positionieren sich als fortgeschritten bezüglich KI-Reife aber nicht an der Spitze verglichen mit anderen Europäischen Ländern. Hauptbefund der Studie ist, dass es eine Korrelation zwischen der Reife von KI-Implementierungen in Europäischen Unternehmen und der Emotionalen Intelligenz (EQ) ihrer Organisation gibt.

Emotionale Intelligenz als Schlüsselfaktor
EQ ist die Fähigkeit, die Emotionen anderer Menschen zu erkennen und empathisch mit Beziehungen umzugehen - in einem Geschäftskontext bedeutet das Offenheit, Zusammenarbeit und Kundenorientierung. Gemäss der Studie von EY und Microsoft halten sich 80% der bezüglich KI am weitesten fortgeschrittenen Unternehmen für emotional intelligent. Umgekehrt sahen sich nur 16% der Befragten, die in der KI als am wenigsten reif eingestuft wurden, mehr als mässig kompetent im Hinblick auf die emotionale Intelligenz.

Dr. Marianne Janik, CEO Microsoft Schweiz, betont in diesem Zusammenhang: „Wir sind überzeugt, dass sich Unternehmen durch die Schaffung einer Kultur, die EQ fördert und die Mitarbeiter mit KI-Tools unterstützt, bedeutende Wachstumschancen eröffnen. Unsere Studie zeigt, dass 61% der Unternehmen erwarten, dass KI dazu beiträgt, die Mitarbeiter zu stärken. Die Demokratisierung der KI in einem Unternehmen gibt den Mitarbeitern Zeit für Kreativität und Innovation. Unternehmen wollen genau das, weil darin die Wertschöpfung liegt. Die Studie zeigt auch, dass wir in der Schweiz und Europa noch einen weiten Weg vor uns haben, um das Potenzial von KI zu nutzen.“

Marcel Stalder, CEO EY Schweiz, weist auf die Bedeutung der Führung hin: „KI erfordert Disziplin, vor allem einen neuen Ansatz für die Bewirtschaftung von Daten, der oft von Grund auf neu konzipiert werden muss, um Geschäfts- und Kundenanforderungen zu lösen. 57% der Unternehmen erwarten, dass KI einen hohen Einfluss auf Geschäftsfelder hat, die dem Unternehmen heute noch völlig unbekannt sind. Die effektive Anwendung von KI zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erfordert sowohl unternehmerisches Geschick als auch technologisches Know-how. In den meisten Fällen braucht es auch Führungsteams, die bereit sind, zu erkennen, was sie noch nicht wissen, und die Neugier und Risikobereitschaft haben zu erkunden, was diese neue Technologie leisten kann.“

Dr. Marc Holitscher, National Technology Officer, Microsoft Schweiz betont, KI nicht nur als technisches Werkzeug zu betrachten: „Die Akzeptanz von KI hängt stark davon ab, dass sich die Anwender in ihrem sozialen Kontext und entlang von vertrauten Erfahrungswerten angesprochen fühlen. Der Mensch muss im Zentrum stehen und nicht die Maschine. Entsprechend wichtig ist, dass beim Design von KI-Lösungen auch Aspekte der so genannt emotionalen Intelligenz berücksichtigt werden. Dies schafft Vertrauen und damit die Voraussetzung, dass KI die einzigartigen Fähigkeiten des Menschen gezielt erweitern kann. Schweizer Unternehmen stehen diesbezüglich noch am Anfang. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, künftig verstärkt fachfremde Disziplinen wie die Verhaltensforschung in den Technologieentwicklungsprozess einzubinden und über Industriegrenzen hinweg zu arbeiten.“

Martin Ceccon, Associate Partner und Digital Leader bei EY Schweiz betonte: “Unsere Studie verdeutlicht, dass KI trotz derzeit noch wenigen Anwendungen - 4% der befragten Unternehmen setzen künstliche Intelligenz in einer grösseren Anzahl von Prozessen und bei anspruchsvolleren Tätigkeiten ein - auf dem Vormarsch ist. KI wird Geschäftsmodelle und die Arbeitswelt verändern. Die Veränderungen in der Arbeitswelt schaffen auch Ängste. Die erfolgreiche Nutzung von KI bedingt deshalb, dass Unternehmen auf strategischer Ebene die Transformation umsichtig mit einer längerfristigen Perspektive planen. Das grösste Potential besteht darin, Lösungen zu finden, die erfolgreiche Produkte, Dienstleistungen und neue Geschäftsmodelle schaffen. Dabei sind Gestaltungskraft, Innovationsgeist und Kreativität der Mitarbeiter gefragt.“

Telekommunikation führend – Schlusslicht Konsumgüterindustrie
Die Studie stellt grosse Unterschiede zwischen den Branchen betreffend Einsatz und Bedeutung von KI fest. Telekommunikationssektor (TMT) gefolgt vom Dienstleistungssektor und Finanzdienstleistungssektor sind am weitesten fortgeschritten. Die Life Sciences und Konsumgüterbranche sind am wenigsten fortgeschritten.

TMT und Finanzdienstleistungssektor profitieren davon, dass beide Branchen datengetrieben sind und schon heute weitgehend über die für KI-Anwendungen nötige Datenqualität und Analysetools verfügen. Entsprechend ist es für Unternehmen in diesen Branchen weniger aufwändige Pilotprojekte zu lancieren und weiterführende Projekte mit fortgeschritteneren KI-Anwendungen zu entwickeln.

Der Rückstand der Unternehmen in der Konsumgüterbranche und im Einzelhandel wie auch bei den Life Sciences erklärt sich durch den grossen Anteil an physischen Arbeitsprozessen und durch die Kombination von komplexen, oft unstrukturierten Daten und heterogenen Datenquellen. Als Folge schrecken Unternehmen in diesen Branchen vor der potentiell grösseren Komplexität von KI-Projekten zurück.

Was man von KI-Leaders lernen sollte
Die Studie fasst in vier Punkten zusammen, was Unternehmen auszeichnet, die ein schon eine grosse Reife betreffend KI aufweisen:

  • KI wird genutzt, um Mitarbeiter zu befähigen, respektive um bessere Werkzeuge zur Verfügung zu stellen (76% der "reiferen" Unternehmen gegenüber 42% der "weniger reifen" Unternehmen).
  • Unternehmen nutzen eine Kombination aus strukturierten und unstrukturierten Daten für KI (65% der "reiferen" Unternehmen vs. 15% der "weniger reifen" Unternehmen) und Daten aus internen und externen Quellen (68% der "reiferen" Unternehmen vs. 16% der "weniger reifen" Unternehmen).
  • Unternehmen erwarten, dass KI ihnen helfen wird, Kunden besser zu binden (85% der "reiferen" Unternehmen gegenüber 59% der "weniger reifen" Unternehmen).
  • Unternehmen erkennen, dass KI hauptsächlich von einer Kombination aus Verfügbarkeit von Technologie und Erwartungen aus dem Business getrieben wird (61% der "reiferen" Unternehmen gegenüber 32% der "weniger reifen" Unternehmen).

Ein Blick auf die Schweiz – KI Mittelfeld – Kultur weniger wichtig als Technologie
Betrachtet man die 20 Schweizer Unternehmen, die an der Studie teilgenommen haben, so wird deutlich, dass es viele Bereiche gibt, in denen sie aktiv nach Möglichkeiten für die Anwendung von KI suchen. Alle Schweizer Unternehmen positionieren sich im Mittelfeld betreffend der KI-Reife verglichen mit den Europäischen Firmen. Für Schweizer Unternehmen ist KI ein wichtiges Thema auf Stufe mittleres Management, wohingegen das Thema auf Stufe Geschäftsleitung und Verwaltungsrat im europäischen Vergleich noch relativ wenig Beachtung findet. Der KI-Einsatz in den befragten Schweizer Unternehmen erfolgt im Vergleich zu ihren europäischen Peers eher von unten nach oben. Die überwiegende Mehrheit der Schweizer Unternehmen erwartet, dass KI in allen Geschäftsbereichen einen Einfluss haben wird.

In Bezug auf die KI-Reife berichten alle in der Schweiz befragten Unternehmen, dass sie entweder planen (30%), Pilotprojekte durchführen (35%) oder mit der Freigabe von KI-Anwendungen für den täglichen Betrieb begonnen haben (35%). Folglich arbeiten alle befragten Unternehmen mit KI, obwohl keines der befragten Unternehmen berichtet, dass KI ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hat. Die Interviews bestätigen, dass die meisten Schweizer Unternehmen Proofs of Concept entwickeln, die Daten und Tools sammeln und überlegen, wie man sie am besten nutzt.

Im Durchschnitt konzentrieren sich die für Schweizer Unternehmen nützlichsten Technologien auf drei Bereiche: Machine Learning (85%), Neuronale Netze (50%) und Textanalyse (50%).

Die Verteilung der KI-Nutzung konzentriert sich auf zwei Bereiche, mit der grössten Konzentration auf F&E und Produktentwicklung (55%), gefolgt von IT, Technologie und Digital (40%).

Mit 25% gehören die Unternehmen in der Schweiz europaweit zum unteren Drittel, wenn es darum geht, einzuschätzen ob KI in Zukunft einen hohen Einfluss auf ihre Branche haben wird. Schweizer Führungskräfte erwarten allerdings, dass KI die Branchen durch Bereitstellung völlig neuer digitaler Anwendungen, die Reduktion von Fehlerkosten oder die Automatisierung grosser Mengen von Geschäftsprozessen verändern wird.

Schweizer Unternehmen sehen sich betreffend offener Unternehmenskultur leicht über-durchschnittlich kompetent. Schweizer Unternehmen sind hingegen nicht der Ansicht, dass dies eine der Schlüsselqualitäten für ihren Erfolg betreffend KI ist. Einige Unternehmen betonen jedoch ihre Bemühungen, eine Kultur und Führung zu etablieren, welche KI miteinbezieht und bereit ist, sich den damit verbundenen Herausforderungen zu stellen.

Liste der teilnehmenden Unternehmen aus der Schweiz
AMAG, Credit Suisse, Geberit, Implenia, Jansen, Julius Baer, LafargeHolcim, Lonza, Metall Zug, MeteoSwiss, Novartis, Raiffeisen Switzerland, SBB, Schindler, SGS, Swisscom, Tetra Pak, Valora, Visana, Zurich Airport.

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