Wie COVID-19 unseren Alltag beeinflusst

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Die halbe Schweiz arbeitet derzeit im Home-Office – und ist dabei nicht weniger produktiv. Wegen der Coronavirus-Krise verrichten doppelt so viele Erwerbstätige als sonst ihre Arbeit von Zuhause, wie eine repräsentative Umfrage von Deloitte Schweiz zeigt.

Vielen gefällt es sehr gut im Home-Office, und sie wollen auch in Zukunft nicht ihre ganze Arbeitszeit im Büro verbringen. 41 Prozent geben an, dass sie zuhause produktiver sind – trotz mangelndem Austausch mit Kollegen und Ablenkung durch Kinder. Dennoch bleiben viele Herausforderungen bestehen, und Unternehmen müssen Massnahmen ergreifen, um Technologielücken zu schliessen und ihre Mitarbeitenden im Home-Office angemessen unterstützen zu können.

Die vom Bundesrat im März 2020 getroffenen Corona-Massnahmen haben weitreichende Auswirkungen: So musste mehr als ein Drittel der Schweizer Arbeitnehmenden ihr Pensum reduzieren, und Hunderttausende wurden ins Home-Office geschickt. COVID-19 hat also in kürzester Zeit die Art und Weise, wie wir arbeiten, grundlegend verändert. Welche Auswirkungen das auf die von Zuhause aus arbeitenden Menschen hat, zeigt eine vom Beratungsunternehmen Deloitte Mitte April durchgeführte repräsentative Umfrage von 1500 in der Schweiz lebenden Personen im erwerbsfähigen Alter.

Auch nach der Krise mehr Home-Office
Gemäss Umfrage von Deloitte arbeitet zurzeit etwa die Hälfte (48%) der Schweizer Erwerbstätigen von Zuhause. Vor der Krise waren rund 25 Prozent der Befragten mindestens einmal pro Woche im Home-Office. Weiter zeigen die Ergebnisse, dass der Home-Office-Anteil kaum auf das Vorkrisen-Niveau zurückfallen wird. Im Gegenteil: 34 Prozent der Befragten gaben an, dass sie auch nach der Corona-Krise regelmässig von Zuhause aus arbeiten werden. Damit ist klar: Die aktuelle COVID-19-Krise dürfte den langfristigen Trend zu mehr Home-Office beschleunigen.

«Die Menschen wollen auch in Zukunft häufiger von Zuhause aus arbeiten. Unternehmen kommen nicht umhin, flexiblere Arbeitsmodelle einzuführen oder auszubauen», erklärt Matthias Thalmann, Partner im Bereich Human Capital Consulting bei Deloitte Schweiz. «Die gegenwärtige Krise ist ein Experiment im grossen Stil: Es zeigt sich oft sehr drastisch, was im Home-Office funktioniert und was nicht. Die beschleunigte Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit hat positive Auswirkungen, weil die Beschäftigten ortsunabhängiger werden und ihr Zeitmanagement selbst in die Hand nehmen können. Zusätzlich wird die Verkehrsinfrastruktur entlastet und das Klima geschont», so Thalmann.

Viele fühlen sich produktiver im Home-Office
Zudem sehen die Erwerbstätigen ihre Produktivität durch das Home-Office nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil: 41% der Befragten gaben an, dass sie produktiver sind, wenn sie von Zuhause arbeiten. Für 31% besteht kein Unterschied, und nur 25% sind laut eigenen Angaben weniger produktiv. Auffallend ist auch, dass lediglich 5 Prozent der Befragten mit der Situation überfordert zu sein scheinen, weil sie nicht wissen, wie man am besten von Zuhause arbeitet.

Kinder als grösster «Störfaktor»
Trotz vorwiegend positiver Auswirkungen auf die Produktivität der Beschäftigten ist das Arbeiten im Home-Office mit vielen Herausforderungen verbunden. Gemäss Umfrage bezeichneten fast die Hälfte (44%) der Befragten die fehlende persönliche Interaktion mit Kolleginnen und Kunden als einen der grössten Nachteile des Home-Office. 20 Prozent sehen sogar ihr mentales Wohlbefinden gefährdet, da sie sich im Home-Office oft isoliert fühlen.

Etwa ein Drittel (32%) betrachtet die Ablenkung durch Kinder oder Familienangehörige als eine der grössten Herausforderungen und 16 Prozent haben zuhause keinen eigenen Arbeitsbereich, sodass sie besonders anfällig auf Störungen und Ablenkungen sind.

Gefühlte Produktivität dürfte nach der Krise noch höher ausfallen
«Wir müssen diese Ergebnisse im Kontext der gegenwärtigen Pandemiekrise interpretieren», erklärt Matthias Thalmann. «Viele Menschen befinden sich in einer Extremsituation, in der sie ihren Arbeitsplatz improvisieren und gleichzeitig Kinder betreuen müssen. Klar ist: Die meisten Befragten schätzen flexible Arbeitsplatzmodelle und nicht wenige haben das Gefühl, ausserhalb des Büros produktiver zu sein».

Die Umfrage zeigt deutlich, dass Befragte, die ihre Kinder betreuen müssen und dadurch abgelenkt werden, im Home-Office tendenziell weniger produktiv sind. «Wir nehmen an, dass die von den Beschäftigten wahrgenommene Produktivitätssteigerung nach der Öffnung der Schulen noch deutlicher ausfallen dürfte», erklärt Thalmann. «Eine Situation wie die jetzige dürfte wohl kaum zur Norm für Menschen mit Kindern werden».

Auch die Unternehmen sind gefordert
Unternehmen sollten nun alles daran setzen, ihre Mitarbeitenden bei den Herausforderungen zu unterstützen und sie mit allem notwendigen technischen Zubehör auszurüsten, damit die Arbeit im Home-Office nach der Corona-Krise noch effizienter verrichtet werden kann.

«Unsere Erfahrungen mit Kunden haben sich auch in dieser Krise bestätigt: Wenn Unternehmen über eine gute Home-Office-Infrastruktur verfügen und ihre Mitarbeitenden mit den dazu notwendigen virtuellen Ressourcen und Technologien ausgerüstet haben, können sie rasch auf neue und unerwartete Situationen reagieren. Da Flexibilität immer wichtiger wird, müssen Unternehmen aktiv werden und ihre Technologielücken schliessen, indem sie Lösungen für virtuelle Zusammenarbeit finden und einführen», sagt Veronica Melian, Human Capital Leader bei Deloitte Schweiz.

Ein Viertel (25%) der Befragten gab an, dass sie im Home-Office weniger produktiv sind. Dieser Rückgang an Produktivität ist neben den bereits erwähnten Kindern nicht zuletzt auch das Ergebnis mangelhafter technischer Infrastruktur und ungenügender Cyber- und Datensicherheit zurückzuführen, die im Home-Office oft weniger gut gewährleistet werden kann.

Doch Technologie allein führt nicht zum Erfolg. «Die menschlichen Aspekte dürfen nicht vergessen gehen. Unternehmen und ihre Mitarbeitenden müssen Mittel und Wege finden, um Meetings produktiv durchzuführen und effiziente Teamarbeit auch virtuell gewährleisten zu können. Wir werden den physischen Austausch hingegen in Zukunft viel bewusster pflegen, Workshops und soziale Anlässe im Team werden weiterhin ein wichtiger Teil der Arbeitskulturbleiben», erläutert Veronica Melian weiter.

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